Badische Zeitung: Es geht nicht nur um das Spital

Mehr als 40 Menschen haben an dem ersten Bad Säckinger World Café des Demografiestrategischen Forums teilgenommen.

BAD SÄCKINGEN. Das Demografiestrategische Forum (DSF) hat eingeladen, mehr als 40 Menschen sind gekommen: Beim ersten World Café im Bad Säckinger Kursaal am Dienstagabend haben Teilnehmer aus Gesellschaft, Politik und dem Gesundheitsbereich über die medizinische Versorgung in der Stadt und der Region diskutiert.

Die Absicht
Das World Café soll eine Diskussionsplattform für alle sein. „Es ist uns wichtig, dass Sachlichkeit in eine sehr emotionale Debatte wie die um das Bad Säckinger Krankenhaus kommt“, sagt Hartmut Fricke. Um den Austausch ergebnisoffen zu halten, aber trotzdem konstruktiv und nicht ausufernd, habe er das Format gewählt.

Die Teilnehmer
Unter den mehr als 40 Teilnehmern sind Bürger, Patienten, Politiker und Fachleute aus dem Gesundheitsbereich. So sitzt ein Radiologe mit einem Mitarbeiter des Landratsamtes Waldshut, einer Apothekerin und einem Gemeinderatsmitglied an einem Tisch. Zu Beginn der Veranstaltung markieren alle Teilnehmer mit Klebepunkten auf großen Zetteln, ob sie bereits an einem World Café teilgenommen haben und warum sie an diesem Abend dabei sind – zur Auswahl steht auch „Das Krankenhaus retten“. Die Verteilung der Punkte spricht eine deutliche Sprache: Für einen Großteil ist es die erste Veranstaltung dieser Form. Die meisten sind nicht da, um das Spital zu retten, sondern um über die Zukunft des Gesundheitswesens zu sprechen.

Die Regeln
Das Konzept erinnert an Speeddating. Nur dass die Teilnehmer nicht alle 20 Minuten neue Menschen kennenlernen, sondern Fragestellungen. Nach einführenden Worten des Organisators Hartmut Fricke vom DSF verteilen sich alle Teilnehmer in bis zu sechsköpfigen Gruppen an den Tischen. Die Zusammensetzung der Gruppen ändert sich dann nicht mehr. Wichtig ist, dass immer unterschiedliche Positionen vertreten sind, also nicht etwa nur Bürger zusammensitzen. An jedem Tisch führt ein Moderator durch die Diskussion. Die Ergebnisse hält die Gruppe auf einer beschreibbaren Tischdecke fest. Das Plakat und der Moderator bleiben immer liegen und sitzen, die Gruppe aber sucht sich nach 20 Minuten einen neuen Tisch mit einer neuen Fragestellung. Sinn der Sache ist, dass die neue Gruppe, die kommt, die Ergebnisse der vorherigen aufgreift und weiterdenkt. Weil es so viele Teilnehmer sind, gibt es für jede Fragestellung zwei Tische. Nach den vier Runden präsentieren die Tischmoderatoren allen Teilnehmern die Ergebnisse der Diskussionen. Es folgt die Abschlussrunde mit einer Zusammenfassung des Abends.

Argumente für die Spitalfusion
Warum es sinnvoll ist, beide Krankenhäuser in Waldshut und Bad Säckingen zusammenzulegen, wird am Tisch mit der ersten Fragestellung diskutiert. Anfangs tun sich die Teilnehmer damit schwer, aber bald ist klar, dass Wirtschaftlichkeit ein schlagendes Argument ist. Zudem sei vermutlich die Ausbildung in einem großen Haus besser. Die Teilnehmer fragen sich immer wieder, was eine sinnvolle Fusionsgröße wäre und ob man in Sachen Krankenhaus in den bestehenden Landkreisgrenzen denken sollte oder über den Tellerrand hinaus.

Argumente gegen die Spitalfusion
An Tisch Nummer zwei sollen die Teilnehmer Argumente für die Fortführung beider Krankenhäuser suchen. Ein wichtiger Aspekt ist, dass Patienten, spezialisierte Ärzte und Angehörige zwei Häuser schneller erreichen könnten. Zum anderen wird das Stichwort Geborgenheit genannt, die mehrere kleine Häuser eher bieten könnten als ein großes, anonymes. Für eine Teilnehmerin, die sich als Patientin angemeldet hat, ist die Gesundheitsversorgung keine ökonomische, sondern eine gesellschaftliche Verpflichtung: „Es muss wieder menschlicher werden, früher haben auch viele Menschen andere ehrenamtlich gepflegt.“

Wer zukünftig wo pflegen soll
Tisch Nummer drei beschäftigt sich mit der Frage, wer zukünftig wo pflegt. Vom Mehrgenerationenhaus über Wohngemeinschaften für Senioren und Pflegeheime ist alles dabei. Ein neuer Vorschlag ist die betriebsgestützte Pflege. Demnach könnten Unternehmen, die ihre Fachkräfte behalten wollen, im Pflegebereich ein ähnliches Modell wie die Betriebskindergärten anbieten. Das offene Forum World Café lädt alle zu solch scheinbar abstrusen Ideen ein. Auf die Frage wer künftig pflegt, fallen die Stichworte Pflegekräfte aus Deutschland, aus dem Ausland, aber auch Pflegeroboter und noch fitte Senioren, die Menschen ihrer Generation pflegen könnten. An dem Tisch wird angeregt, über das Alter neu nachzudenken und es nicht direkt mit Gebrechlichkeit und Hilfsbedürftigkeit gleichzusetzen.

Anreize für junge (Haus-)Ärzte
An Tisch Nummer vier stellt der Moderator die Frage: Wie sieht künftig die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum aus? Alle sind sich einig, dass der Raum attraktiver werden muss, damit sich besonders junge (Haus-)Ärzte dort niederlassen. Ein Teilnehmer schlägt vor, das Medizinstudium zu reformieren und etwa Stipendien für die Studenten anzubieten, die sich verpflichten, nach ihrer Ausbildung aufs Land zu ziehen.

Das Fazit
Viele Teilnehmer stellen fest, dass das Thema medizinische Versorgung viel komplexer ist, als sie dachten. Nicht nur diese Erkenntnis hat der Abend gebracht.