Vermarktungsmethoden und Verbraucherpolitik in der Kritik – Karin Binder zu Gast

21. Juli 2012  Allgemein, Berichte

von links Paul Barrois, Nicole und Daniel Stadler, Karin Binder und Günter Gent

Am Freitag, den 20. Juli war bei uns in Bad Säckingen Karin Binder zu Gast. Karin Binder ist seit 2005 Bundestagsabgeordnete der Partei DIE LINKE, sie ist Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion und Mitglied im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Ihre thematischen Schwerpunkte sind hier der Verbraucherschutz und Ernährung. Sie sprach zum Thema “Hauptsache billig?” also über die im Verhältnis immer billiger werdenden Nahrungsmittel in den Billigdiscountern, Produktions- und Vermarktungsmethoden und dass der Aspekt „billig“ bei Lebensmitteln schlussendlich nur zu Lasten der Qualität und somit unserer Gesundheit geht. Beispielsweise habe sie kürzlich Bananen für 89 ct gesehen und sie frage sie sich, wie dies möglich sei. Weltweit werde zu Lasten der Natur für den Lebensmittelexport in Monokulturen angebaut und besonders tragisch für die Ärmsten sei, dass unser Fleischkonsum anderen die Nahrungsgrundlage entziehe. Dabei habe gegenüber früher unser Fleischkonsum auf über das Doppelte zugenommen. Verschärft werde diese Situation durch Spekulation mit Nahrungsmitteln.

Die sechs Discounterketten Aldi, Lidl, Tengelmann, Metro, Edeka und Rewe hätten am Lebensmittelmarkt einen Anteil von 90%. Das bedeute, dass sie einen ungeheure Macht auf die Erzeuger ausüben könnten. Dies betrifft auch unsere hiesigen Bauern, sie verdienten inzwischen verdienten weniger als 30.000 € im Jahr.

Weitere Problempunkte seien, dass es in Dörfern keine Läden mehr gebe, die Beschäftigten im Einzelhandel litten unter Niedriglöhnen, wegen der Lockvogelangebote würde viele Verbraucher unter dem Strich doch nicht sparen. Besonders ärgerlich sei auch,  dass bei billig produzierten Nahrungsmitteln hochwertige Rohstoffe entsprechend sparsam beigegeben und diese Päckchen „aufgefüllt“ würden mit Zucker, Mehl, Fetten. Folgen seien Allergien und Übergewicht und es werde immer weniger gekocht, da Essen immer verfügbar sein müsse, werde zunehmend zu Fertigprodukten gegriffen. Insbesondere für Geringverdiener und HartzIV-Empfänger sei eine gesunde Ernährung nicht möglich. DIE LINKE fordere daher für alle Kinder kostenfreie Schulverpflegung. Wobei dabei eine Koordinationsstelle zu schaffen sei, da die Schulleitungen damit überfordert seien, gelte es doch, die Kinder zu erreichen für ein Umdenken in Punkto Ernährung.

Probleme gebe es auch bei Fairtrade-Produkten, so würden Mitarbeiter der Erzeuger, die mit  Zertifizierern großer Ketten sprechen würden, ihre Arbeitsplätze umgehend verlieren.

Dringend müsse nun vor allem „die Ampel“ zur Kennzeichnung der Nahrungsmittel eingeführt werden. Karin Binder kam am Ende zu dem Schluss, dass die Regierung, um sich Sozialpolitik zu ersparen, lieber billige Nahrungsmittel fördert, um die Massen ruhig zu halten.

In der lebhaften Diskussion erfuhren wir von einem Teilnehmer, dass es in Frankreich inzwischen Warnhinweise gebe bei TV-Spots, die Chips und dergleichen bewerben. Man forderte nicht nur die „Ampel“ sondern auch die Energiebilanz anzugeben und die Lebensmitteltransporte zu reduzieren. Interessante Forderungen auch: Die Arbeitszeit zugunsten der Zeit für Familie und das Bereiten von Mahlzeiten zu reduzieren. Man könne auch „reine“ Lebensmittel in von Luxusnahrungs- und Drogerieartikeln getrennten Geschäften anbieten, sozusagen wirkliche Lebensmittelläden.

Die gut besuchte Veranstaltung fand statt in der Gaststätte Delphi in Bad Säckingen, Schulhausstrasse 17.