Badische Zeitung: Massive Kritik an der Klinikleitung

26. Juni 2017  Bundestagswahl, Presseecho

Emotionsgeladene Diskussionsrunde des Vereins Pro Spital um die Zukunft der Krankenhausversorgung im ländlichen Raum.

BAD SÄCKINGEN. Sympathie und Antipathie waren klar verteilt bei der Podiumsdiskussion, zu welcher der Bad Säckinger Krankenhausförderverein Pro Spital nach Wallbach eingeladen hatte. Die Pfiffe galten Krankenhausgeschäftsführerin Simone Jeitner, Landrat Martin Kistler und dem CDU-Abgeordneten Felix Schreiner, die sich entschuldigten. Der Applaus galt allen, die sich kritisch über diese Drei äußerten oder die aktuelle Situation im Spital Bad Säckingen anprangerten.

Etwa 450 Menschen waren in die von der Frühsommerhitze aufgeheizte Halle gekommen und sorgten für eine emotionsgeladene, mitunter wütende, aber auch kampfbereite Stimmung. Diese gipfelte im Schlusssatz von Beatrix Köster, der Vorsitzenden des Fördervereins: „Wir wollen ein Bürgerspital; alleine, ohne Waldshut, kommen wir wieder nach vorne.“ Wenige Minuten zuvor hatten noch der Waldshuter FDP-Stadt- und Kreisrat Harald Ebi und Stadtrat Thomas Hilbert die an dem Abend immer wieder geäußerte Kritik an der Politik der Stadt Waldshut-Tiengen als ungerecht bezeichnet. „Wir wollen das Krankenhaus in Bad Säckingen nicht zumachen, aber als ich die Zahlen sah, bin ich erschrocken“, sagte Ebi.
Zuvor gingen die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter, der Linken-Kandidat Lothar Schuchmann, Notarzt Ulrich Grothe und Kathrin Möbius, die Geschäftsführerin des Spitals im brandenburgischen Spremberg, auf dem Podium unter der Leitung von Andreas Gerber der Frage nach, ob es für den ländlichen Raum Chancengleichheit im Gesundheitswesen gibt. Den ersten Pflock rammte Bürgermeister Alexander Guhl in seinem Grußwort ein: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Kreis Waldshut einen Standort gibt, der innerhalb von 30 Minuten für alle erreichbar ist“, kritisierte er den Beschluss des Kreistags zum Einstieg in die Planung eines Zentralkrankenhauses. Damit liegt er auf einer Wellenlänge mit seiner Parteikollegin, der Bundestagsabgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter.

Ein Krankenhaus an zwei Standorten sei das Richtige für den Kreis Waldshut, sagte sie. Gerade in der dafür erforderlich werdenden Zentralisierung liege die Chance für das Haus in Bad Säckingen. Auch sei es noch eine lange Zeit bis zum Bau solch eines zentralen Hauses. Bis dahin müsse das Haus in Bad Säckingen funktionsfähig gemacht und erhalten werden: „Wir brauchen dringend die Sanierung; sie ist Voraussetzung für gute qualitative Arbeit und für Erlöse“. Rita Schwarzelühr-Sutter appellierte, von Maximalforderungen herunter zu kommen. Nicht alles werde überall machbar sein.

Für einen „kleinen Aufstand“ der Bevölkerung warb Lothar Schuchmann von den Linken. Kleine Häuser müssten erhalten werden; das Spital in Bad Säckingen müsse rasch funktionstüchtig gemacht werden. Das will auch Notarzt Ulrich Grothe. Da er auch im Jestetter Zipfel Notarzteinsätze fahre, kenne er die Distanzen. Er appellierte für den Erhalt des Spitals in Bad Säckingen und den Bau eines neuen Hauses zwischen Waldshut und Tiengen.

Den größten Applaus des Abends bekam Kathrin Möbius, die Geschäftsführerin des Spitals im brandenburgischen Spremberg, das zu 51 Prozent den Mitarbeitern gehört. „Das Krankenhaus in Bad Säckingen wird im Tiefflug gegen die Wand gefahren“, sagte sie. Sie sei erschrocken, als sie die leeren OP-Räume sah. „So kann man kein Geld verdienen“.

Der jetzt scheidende Chirurg Dirk Thümmler machte die Geschäftsführung für die Kündigungen der Mitarbeiter verantwortlich. „Viele würden wieder kommen, wenn sie ohne Repressalien arbeiten können und diese Geschäftsleitung nicht mehr da ist“, sagte er.

FDP-Kreisrat Klaus Denzinger forderte die Bevölkerung im Westen des Kreises Waldshut auf, deutlicher als bislang Solidarität mit dem Spital in Bad Säckingen zu zeigen.